Pressespiegel2007Rosenmontag 2007

Düsseldorf: Lob für Mut der Rosenmontagswagen

Rheinische Post, 21.2.2007, von Hans Onkelbach

DÜSSELDORF Der Wagenbauer des Düsseldorfer Rosenmontagszuges, Jacques Tilly (43), ist mit dem Echo auf seine Motto-Wagen zufrieden: Vor allem zu seinem Mut, islamistische Selbstmordattentäter darzustellen, sei er beglückwünscht worden. Tilly hatte auf einem Wagen zwei mit Turban bekleidete Fanatiker gezeigt, die bewaffnet und mit Sprengstoffgürteln ausgerüstet waren. Der eine trug ein Schild mit der Aufschrift "Wirklichkeit", der andere eines mit "Klischee" - beide Figuren sahen völlig gleich aus. Der Zentralrat der Muslime sah darin eine Verunglimpfung des Islam und sprach von Lüge.

Tilly dagegen erklärt, sein Wagen habe mit Religion überhaupt nichts zu tun, es handele sich lediglich um die Darstellung eines Verbrechens. Die islamistischen Gewalttäter seien auch unter den Moslems nur eine Minderheit.

Angst vor Bedrohungen oder gar Anschlägen hat er nicht, sieht aber die Möglichkeit, dass sich da jetzt eine negative Stimmung aufschaukelt. Tilly: "Die Inkubationszeit solcher Dinge ist ja erfahrungsgemäß lang." Er meint damit den Streit um die Mohammed-Karikaturen, der 2006 erst Monate nach Veröffentlichung der Zeichnungen hochkochte, als muslimische Länder auf die kritischen Darstellungen merksam wurden. Irritiert hat Tilly zur Kenntnis genommen, dass deutsche Presse-Agenturen die Fotos seines Wagens zwar bundesweit, aber nicht international verteilt hätten.

Im Karneval müsse es möglich sein, solche Wagen zu zeigen, so Tilly: "Wir kuschen nicht, sondern wir zeigen die Welt, wie sie nun mal ist." Die Entscheidung sei gemeinsam mit dem Vorstand des "Comitees Düsseldorfer Carneval" getroffen worden.
rp-online.de/duesseldorf
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VON HANS ONKELBACH

Merkwürdig, dass in diesem Land etwas gelobt oder als besonders mutig bezeichnet wird, was selbstverständlich sein sollte und bei vielen anderen Themen ja auch selbstverständlich ist. Keinen wundert es, wenn beim Kabarett oder im Karneval alles und jeder auf die Schippe genommen wird. Wenn Merkel sich als Rosenmontagsfigur achtern bei Bush eingenistet hat, Stoiber als erlegtes Wild von CSU-Waidmännern weggeschleppt oder ein früherer VW-Arbeitsdirektor mit barbusigen Damen in einer Wanne abgebildet wird. Auch Kardinal Meisner musste es sich gefallen lassen, im Karneval zum Inquisitor zu werden, der mit der Fackel in der Hand an einem Scheiterhaufen steht, auf dem eine Frau angebunden ist, weil sie abgetrieben hat.

Ans Thema Islam jedoch wagte sich bislang keiner. Im vorauseilenden Gehorsam, aus falscher Toleranz gegenüber der Intoleranz oder aus Angst, wie es einige TV-Größen sogar zugeben, mogelte man sich an dem Thema vorbei und ignorierte geflissentlich, was im wahren Leben nicht zu ignorieren ist.

Dass nun der Düsseldorfer Rosenmontagszug dieses vermeintliche Tabu gebrochen hat, sollte Ansporn sein. Nur Mut, ihr Herren Pispers, Nuhr, Raab, usw. - packt's an, macht euch drüber lustig. Bei Christen seid ihr ja auch nicht zimperlich.