Pressespiegel2007RP, 5.1.2007

Für Rosenmontag: Köln will Tilly

Rheinische Post, 5.1.2007, von Hans Onkelbach

Jacques Tilly, oft umstrittener, aber immer gekobter Wagenbauer des Düsseldorfer Zochs wird von der Konkurrenz aus der Domstadt umgarnt. Der dortige Zugleiter Christof Kuckelkorn will ihn in der nächsten Session "für ein Projekt" gewinnen. Noch ziert sich der Künstler.

Ausgerechnet Köln: Christoph Kuckelkorn, Vize-Präsident des Festkomitees des Kölner Karnevals und Leiter des dortigen Rosenmontagszuges, umgarnt den Düsseldorfer Wagenbauer, Jacques Tilly. Kuckelkorn, im wirklichen Leben Bestattungsunternehmer, gestern im Gespräch mit der Rheinischen Post: "Tilly und ich wollten uns treffen, das hat jedoch zurzeit bei mir aus Termingründen nicht geklappt.

"Köln ist die toleranteste Stadt der Welt"

Aber spätestens nach der jetzigen Session werden wir miteinander reden. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir gemeinsam ein Projekt verwirklichen."

Was er damit meint, erklärt der Kölner gerne. Entweder werde man Tilly beauftragen, ein oder zwei Mottowagen zu bauen. Oder man werde mit ihm vereinbaren, dass er einen Wagen für den Zug rund um den Dom baue und dafür ein Wagen aus Köln in Düsseldorf mitfahre. (Was allerdings hier in den Zuständigkeitbereich des Comitees fiele und von Tilly nicht entschieden werden kann.) Kuckelkorn: "Wir sind zu allem bereit!"

Die Warnung, Tillys Ideen und deren Umsetzung sei für Köln möglicherweise nicht jecken-kompatibel, lässt Kuckelkorn nicht gelten. "Köln ist die toleranteste Stadt der Welt", behauptet er, erklärt aber im selben Atemzug, dass ihm und den anderen Alaaf-Freunden der Humor im Düsseldorfer Rosenmontagszug zu derb sei, Tilly agiere ja gern "unter der Gürtellinie" und vieles, was in Düsseldorf möglich sei, könne man im Schatten des Doms nicht akzeptieren - beispielsweise Kardinal Meisner als Inquisitor mit Fackel am Scheiterhaufen darzustellen. Aber man werde sich schon einigen, auch "Köln ist mutiger geworden". Dass in Köln sogar der Klerus bei der Auswahl der Wagen mitrede, weist er als Düsseldorfer Gerede zurück, bestätigt allerdings das Vetorecht des "Großen Senats" - darin sitzen "Wirtschaftsmagnaten der Stadt" (Kuckelkorn), also Sponsoren. Die jedoch hätten schon seit zehn Jahren von ihrem Einspruchsrecht keinen Gebrauch mehr gemacht.

Der umgarnte Tilly bestreitet die Kontakte zur südlichen Konkurrenz keineswegs, sondern zeigt sich eher geschmeichelt und ziert sich. Nein, für Köln zu arbeiten, das könne er sich nicht vorstellen - allerdings fände er es nicht schlecht, wenn man z.B. einen Wettbewerb über den frechsten Wagen auslobe. Ja, bestätigt Tilly, er habe Kuckelkorn im Januar vorigen Jahres getroffen und man habe über mögliche Kooperationen gesprochen, aber seitdem habe es keinen neuen Kontakt gegeben - außer ein Treffen auf der jüngsten Karnevalsmesse. Er sei aber davon überzeugt, mit Kuckelkorn auf einer Linie zu liegen, da gebe es durchaus Sympathien. Aber ob die Kölner einen Düsseldorfer Wagenbauer akzeptierten? Kuckelkorn ist sicher: "Da gibt es hier keine Probleme!"

INFO

Buch über Tilly

Der Klartext Verlag und Autor Udo Achten haben gestern ein Buch über den Düsseldorfer Rosenmontagszug vorgestellt. Es zeigt realisierte und nicht realisierte Entwürfe verschiedener Mottowagen von 1994 bis 2006. "Jacques Tillys Narrenfreiheit" 186 Seiten, Abbildungen, 15,95 Euro, ISBN 3-89861-728-9

Bildtext: Wagenbauer Jacques Tilly: Die von ihm gebauten Wagen für den Rosenmontagszug haben ihm schon viel Ärger eingebracht - aber auch Berühmtheit. Nun umgarnen ihn die Kölner. Der dortige Zugleiter Christoph Kuckelkorn wäre nicht abgeneigt, Tilly auch in Köln Wagen bauen zu lassen. RP-Foto: Andreas Bretz