Pressespiegel2006WZ, 7.2.2006

Karnevalisten verzichten auf jede Provokation

Westdeutsche Zeitung, 7.2.2006, von René Schleucher

Narren wollen islamkritische Themen im Rosenmontagszug ausblenden

Düsseldorf. Der Karikaturen-Streit beschäftigt jetzt auch die Karnevalisten im Rheinland. Das Düsseldorfer Carnevals Comitee (CC) hat gestern klar gestellt, dass es im Rosenmontagszug keine Wagen mit islamkritischen Themen geben werde. "Das ist mir zu heikel", sagte CC-Präsiden Peter König. "Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen und diese Themen gehören auch nicht in den Karneval." Dies sei eine Entscheidung aus freien Stücken: "Drohungen haben wir keine bekommen."

Auch im Kölner Zug wird der Karikaturen-Streit keine Rolle spielen: "Es passt nicht zum Wesen des Kölner Karnevals, etwas so darzustellen, dass sich jemand dadurch verletzt fühlt", erklärte Sigrid Krebs vom Vorstand des Festkomitees Kölner Karneval. Deshalb meide man grundsätzlich alle religiösen Themen.

In Düsseldorf war das bisher anders. Immer wieder sorgten christliche Motive im Rosenmontagszug für heftige Diskussionen. 1996 wurde im Zuge des Kruzifix-Urteils ein Narr ans Kreuz geschlagen - "Karneval in Bayern" stand auf dem Motto-Wagen geschrieben. "Gotteslästerung", empörten sich viele Christen. Wegen der vehementen Proteste fuhr der Wagen schließlich nur verhüllt im Rosenmontagszug mit. Als Skandal empfanden viele Gläubige auch ein Motiv mit Joachim Meisner im vorigen Jahr. Der Kölner Kardinal wurde gezeigt, wie er den Scheiterhaufen unter einer Frau anzündet, die bekennt: "Ich habe abgetrieben."

Die Reaktion vieler Christen war Wut und Abscheu, Wagenbauer Jacques Tilly jedoch ließ sich davon nicht beeindrucken. Doch nun plädiert auch er für Zurückhaltung: "Ich habe auf religiöse Gefühle noch nie Rücksicht genommen. Aber wenn es um Leben oder Tod geht, entscheidet man anders. Ein Mohammed mit Bombe im Turban ist in dieser Stimmung nicht möglich." Er sei entsetzt, "dass die künstlerische Meinungsfreiheit solchen Angriffen ausgesetzt ist".

Nun wird in der Stadt diskutiert, ob die Narren mit zweierlei Maß messen. "Feige und duckmäuserisch", nennt etwa die Düsseldorfer Junge Union die Absicht, "islamkritische Motive von vornherein auszuschließen, während christliche Symbole und Würdenträger oft verspottet wurden". Die Verantwortlichen ließen sich "von Gewalt erpressen".

Bildunterschrift:
Kardinal Meisner war im vergangenen Jahr Ziel des jecken Spotts in Düsseldorf, viele Christen waren empört.
Archivfoto: Nanninga