Pressespiegel1989 bis 2003Express, Jan. 1999, Skandal-Chronik

Zoch: die Chronik der "Skandale"

Düsseldorfer Express, Januar 1999, von Wolfgang Berney

Immer wieder gibt's Zoff beim Rosenmontagszug

Düsseldorf - Wenn der Name Jacques Tilly fällt, beginnen viele Düsseldorfer Karnevalisten nervös zu werden. Der 35-Jährige Künstler ist immer gut für einen Skandal im Rosenmontagszug. Mal wurde einer seiner Wagen ganz aus dem Verkehr gezogen, mal umgebaut, mal verhüllt, mal wichtige Details entschärft. Tilly teilt nach allen Seiten aus, hat weder vor Ministerpräsidenten, Kanzlern oder Päpsten Respekt. "Da kann man halt nichts machen", sagt er und zuckt entschuldigend mit den Schultern.

In diesem Jahr hat er "Streithansel" Richard Kampes ins Visier genommen. An einem Nasenring läßt er ihn von einer Tunte ziehen. Kampes wollte zunächst seinen Anwalt einschalten, nahm dann aber den Wagen doch mit Humor. Und ist jetzt sogar bereit, Geld dafür zu zahlen. Tilly: "Na, prima. Ich bin nicht darauf aus, Ärger zu machen."

Die Geschichte des Düsseldorfer Rosenmontagszuges ist in der Tat reich an Skandalen. Und immer war es Tilly...(es folgen Fehlinformationen, J.Tilly).

Drei Jahre später baute der Künstler den Wagen "Des Fiskus' Wunschtraum" - vier nackte Männer mit reichlich groß geratenen "kleinen Unterschieden". Die Jecken machten einen Rückzieher, forderten, die Pappkameraden zu entmannen. Tilly lehnte ab. Der Wagen wurde vor Rosenmontag demontiert.

Fünf Jahre darauf gab es wieder Wirbel um einen Penis. Tilly stellte Helmut Kohl unten ohne dar. Ganz Deutschland lachte, als EXPRESS ein Foto des Wagens veröffentlichte. Den Karnevalisten aber war die Sache peinlich. Hermann Schmitz, damals Rosenmontagszugleiter, kam schließlich auf die pfiffige Idee:"Lassen wir doch einfach ein bißchen Gras über "die Sache" wachsen. "Der Wagen zog mit - aber schon nach einem Kilometer Zugweg war das Gras abgefallen.

Vor drei Jahren entwarf Tilly seinen berühmt gewordenen "Kreuzwagen". Unter dem Titel "Karneval in Bayern" hingen drei Jecke wie Jesus am Kreuz. Tillys Antwort auf den Kruzifixstreit südlich des Mains. Riesenaufregung vor allem in Kreisen der katholischen Kirche. Ein Pfarrer sprach von "Gotteslästerung". Ministerpräsident Edmund Stoiber schaltete sich ein. Der Wagen wurde aus dem Verkehr gezogen. Doch Schmitz ließ ihn trotzdem mitziehen - an letzter Stelle und verhüllt.

Tilly arbeitet derzeit wieder wie verrückt in der Wagenbauhalle. Der Designer und Illustrator: "Das sind zwar Produkte mit kurzem Verfallsdatum. Nach Aschermittwoch gilt nichts mehr. Aber es macht ungeheuren Spaß." Übrigens: Nebenher studiert der Künstler Religionswissenschaft. Eigentlich wäre ja mal ein Wagen über Tilly fällig...

Bildtext: So wird "Streithansel" Richard Kampes beim diesjährigen Rosenmontagszug vorgeführt. Fast hätte es einen Rechtsstreit gegeben.

Bildtext: Der "Busen-Wagen" sorgte im vergangenen Jahr beim großen Umzug für gehörigen Wirbel. Entworfen und gebaut hatte ihn Jacques Tilly, der immer für einen Aufreger in der jecken Zeit gut ist.