Pressespiegel2007Rosenmontag 2007

Köln beneidet Düsseldorf

Rheinische Post, 24.2.2007, von Hans Onkelbach

In der Domstadt gibt's Kritik am Rosenmontagszug. Die Wagen seien zu brav, nicht zu verstehen und vor allem nicht so öffentlichkeitswirksam wie in Düsseldorf. Wollen wir auch gar nicht, sagt der Zugleiter: Köln ist sich selbst genug

Auch in Köln war am Aschermittwoch der Karneval nicht vorbei, sondern hinter den Kulissen und davor ging es erst richtig los: Kritik am Rosenmontagszug. Zu brav, unverständlich, schrieb eine Kölner Zeitung. Und wie schon in den Vorjahren besonders bitter: Der Düsseldorfer Zug, in einem Ranking 2006 schon einmal vor dem Kölner platziert, wurde auch jetzt als leuchtendes Vorbild hingestellt.

Die Landeshauptstadt habe es mit ihren provokanten Wagen in die Nachrichtensendungen und auf die Titel zahlloser Zeitungen geschafft, sagten die Kritiker. Figuren wie der iranische Staatschef ("Achsel des Bösen"), dessen Körperschweiß Uncle Sam die Nase rümpfen lässt, die Darstellung der Selbstmordattentäter, Adolf Hitler und die NPD oder die Kurnaz-Affäre - alles das seien Figuren, die der Zuschauer auf Anhieb erkenne und deren Botschaft er sofort verstehe.

Mit dem "Auf-Anhieb-erkennen" und dem Verstehen der Botschaft gibt es in Köln tatsächlich Probleme. Eine als Ice-Age-Figur dargestellte Kanzlerin Angela Merkel erkannten selbst Gutmeinende nicht, Russlands starker Mann Putin trug immerhin ein Namensschild an der Mütze, aber dass derjenige, den er in der Hand hält, Ex-Kanzler Gerhard Schröder sein soll, ahnte keiner. Auch die Darstellung des französischen Wahlkampfs zwischen Ségolène Royal und Nicolas Sarkozy riss die Kölner nicht wirklich mit - zumal die wenigsten am Straßenrand überhaupt begriffen, wer sich da im gallischen Hahnenkampf gegenüber stand.

Kölns Zugleiter Christoph Kuckelkorn hatte bereits voriges Jahr erklärt, auch er sei der Meinung, sein Zug müsse frecher werden. Das sieht er jetzt auch noch so, aber die Grenzen, die wolle er selbst ziehen, sagte Kuckelkorn. Wörtlich: "Wer hier im Zug arbeitet, der muss das nach meiner Pfeife tun." Das wird Düsseldorfs Wagenbauer Jacques Tilly mit großem Interesse hören, denn Kuckelkorn macht keinen Hehl daraus, dass er Tilly gern auch für Köln engagieren würde. Aber Wagen wie in Düsseldorf- das wäre in Köln nicht denkbar. Allerdings meint Kuckelkorn auch, Köln brauche das gar nicht. Kölns Zug sei sich selbst genug, eine Provokation wie in Düsseldorf, also Öffentlichkeit um jeden Preis, das sei nicht das Ding der Alaaf-Rufer.

Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma wünscht zwar noch mehr Würze, möchte aber Düsseldorfer Niveau nicht erreichen: Der Zug der Landeshaupstadt sei bis zur Geschmacklosigkeit provokant, sagt Schramma.

INFO-Kasten

Helau, Alaaf

Der Kölner und der Düsseldorfer Karneval sind sich in vielen Dingen ähnlich - und dennoch verschieden. Statt eines Prinzenpaares hat Köln einen Prinzen, eine Jungfrau (die traditionell von einem Mann dargestellt wird) und den Bauern: Das Dreigestirn. Wie auch in Düsseldorf steht der Rosenmontagszug in Köln immer unter einem Motto, und - ebenfalls wie in Düsseldorf - gibt es um dieses Motto regelmäßig Diskussionen. Auch um das der neuen Session 2008, das die Kölner jetzt bekannt gaben. Es lautet: "Jeschenke för Kölle - uns Kulturkamelle". Sperrig, schwer nachvollziehbar, wenig volksnah, heißt es im Schatten des Doms. Foto-Strecken zum Thema unter www.rp-online.de/duesseldorf

Bildtext oben:

Düsseldorf: Eindeutig - Uncle Sam stinkt's, weil Irans Staats-Chef Ahmadinedschad (dem übrigens in iranischen Witzen ein gestörtes Verhältnis zur Körperpflege nachgesagt wird) als "Achsel des Bösen" Böses ausdünstest. Rechts Köln: Putin ist noch erkennbar - aber der kleine Mann? Das soll Schröder sein. Fotos: Bretz, ap

Bildtext unten:

Köln: Raten Sie mal, wer das hier (links) ist? Erraten? Es soll Michael Schumacher sein. Rechts die Darstellung der Terroristen, für die sich Düsseldorfs Wagenbauer Jacques Tilly vom Zentralrat der Muslime kritisieren lassen musste. Fotos: Bretz, ddp