Pressespiegel2006Religionswagen für 2007

Tilly wird Ehrensenator

Rheinische Post, 17.11.2006, von Jörn Tüffers

Den Wagenbauer und die Rheinische Garde Blau-Weiss verbindet die Vorliebe für den politischen Karneval. Morgen wird diese Freundschaft gefestigt. Tillys Kopf wurde für die Senatorenkappe bereits vermessen.

Karneval und Kirche: Seit Jahren versucht Jacques Tilly dieses scheinbare Gegensatzpaar durch kritische Betrachtung zu einen. Das endet mitunter in einem handfesten Skandal, wenn der Wagenbauer der Düsseldorfer Jecken wie vor zwei Jahren hart mit der Katholischen Kirche und Joachim Kardinal Meisner ins Gericht geht. Oder zurückhaltend wie beim Rosenmontagszug in diesem Jahr eher zahm: Wegen der Kritik aus der muslimischen Welt an den Mohammed-Karikaturen scheuten Tillys Auftraggeber den Mut zur Konfrontation, die den Düsseldorfer Karneval in früheren Jahren vom Kölner oder Mainzer Treiben unterschieden hat.

2007 darf's wieder bissiger sein. Der Wagen der Rheinischen Garde Blau-Weiss ist fast fertig. "Friede zwischen den Religionen, die größte aller Illusionen" ist das nachzulesende Motto - der sich herzende Kardinal und der Schiit bleibt ebenso ein Wunschtraum wie die sich in den Armen liegenden orthodoxen Juden und der Hamas-Kämpfer. Und auch, dass sich ein Inder mit einem Pakistani vertragen könnte, scheint vorerst ausgeschlossen. "Da sich die großen Weltreligionen aufgrund ihres absoluten Wahrheitsanspruchs nun mal gegenseitig ausschließen, ist das mit dem Frieden zwischen den Religionen ja bekanntlich so eine Sache", meint Tilly.

Keine religiösen Themen

Er freut sich über den Mut der Rheinischen Garde Blau-Weiss, einen politischen Karnevalswagen bauen zu lassen. Schließlich habe der Bund der Deutschen Karnevalisten erst neulich wieder gemahnt, keine religiösen Themen im Karneval aufzugreifen. Ulrich Faust, der Wagenbauleiter der Rheinische Garde, habe sich darüber aber hinweggesetzt. "Er hat sich sehr engagiert für meine Entwürfe eingesetzt", sagt Jacques Tilly.

Dafür dürfen die Blau-Weissen den Wagenbauer morgen Abend zu ihrem Ehrensenator küren. Andere Angebote, beispielsweise Vereinen beizutreten, habe er bisher abgelehnt. Er wollte unbedingt Neutralität wahren.

Auch dieses Mal sei seine erste Reaktion gewesen: "Nee, das mach' ich nicht." Aber dann habe er es sich anders überlegt: "Das geht ja nicht zu sagen: Bitte wasch' mich, aber mach' mich nicht nass! Damit die Ehrensenator-Kappe auch passt, wurde Tillys Kopf bereits vermessen.

 

Info

Pappkamerad

Seit 23 Jahren baut Tilly Wagen für den Rosenmontagszug. Mit einem birnenförmigen Kanzler Kohl fing es an. Vor sechs Jahren entschied sich der Kommunikationsdesigner, nur Skulpturen, Kulissen und Dekorationen zu bauen.

 

Bilduntertitel

Schöne Illusion Friede zwischen den Religionen

Wagenbauer Jacques Tilly kann's nicht lassen. Für einen Wagen für den Rosenmontagszug im kommenden Jahr darf er sich seinem Lieblingsthema widmen: Karneval und Kirche. Da liegen sich ein orthodoxer Jude und ein Hamas-Kämpfer in den Armen, und herzen sich ein Kardinal und ein Shiit. Zu schön, um wahr zu sein, meint Tilly. Deshalb bleibe der Friede zwischen den Religionen "die größte aller Illusionen."

Seite B3 Entwurf: Tilly