Pressespiegel2004NRZ, 24.2.2004

Was bleibt, sind die Bilder

Neue Rhein Zeitung, 24.2.04

Rosenmontagszug II / Der Meister Jacques Tilly hält seine Werke mit der Kamera fest. Respekt? "Nackt geht immer..."

Zum Narr noch eins, "da muss doch was passiert sein". Corneliusplatz, 14.48 Uhr und das einzige, was fliegt, sind die zarten Schneeflocken, die Jacques Tilly einen Schauer unter den Ski-Pulli treiben. Seit einer Stunde läuft d'r Zoch, lachen die Jecken über das, was Tilly in den vergangnen drei Monaten den Schlaf geraubt hat. Ob sich die dunklen Ringe unter den Augen gelohnt haben? Abwarten.

Jedes Mal der gleiche Stress

Kamera um, Leiter rauf, Leiter runter, kein Jeck in Sicht, "jedes Jahr die gleiche Geduldsprobe, das treibt mich noch in den Wahnsinn", schnauft der Künstler, der seit den 80ern die Obrigkeit in Pappmaschee verhöhnt. Werke, die gerade mal 24 Stunden Bestand haben und die der Meister "wenigstens im Bild" für die Ewigkeit festhalten will. Hunderte schießt er, archiviert sie, stellt sie ins Netz (www.karnevalswagen.de). Also, jeden Rosenmontag der gleiche Stress: Um vier Uhr hat er die letzte Schraube festgedreht, vier Stunden Schlaf, dann die bangen Sekunden, ob der vergängliche Prunk durch die Wagenbauhalle passt, ein paar Happen Essen und dann: Warten, auf der Kö, ein kurzer Fluch gen Himmel, lässt sich die Sonne blicken: "Die kann ich gar nicht gebrauchen, da werden die Schatten zu lang und man sieht nichts mehr von den schönen Wagen", schimpft Tilly als sich um 14.52 Uhr - endlich - der goldene Ball gerade in dem Moment durch die Wolken schiebt, als sein "Meisterwerk" vorbeirollt. Den letzten Nerv haben sie ihn gekostet, die 70 Sonnenstrahlen, die vom Prinzenwagen ragen. "Heiland, war das eine Arbeit", stöhnt Tilly, für den die acht Mottowagen "das Salz in der Suppe" sind. Aufregen will er, jawohl, der ganzen Nation ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Womit er das erreicht? "Nackt geht immer", sagt der Künstler und raubt dem Kanzler und auch der CDU-Chefin das letzte Hemd. "Das ist wie früher in der Schule, als ich noch den Lehrern Streiche gespielt habe, jetzt sind es eben Politiker, und die müssen sich das gefallen lassen".

Das Volk brüllt vor Vergnügen

Respekt? Konfetti drüber, "am Aschermittwoch in schon wieder alles vorbei". Und damit der in diesem Jahr kein Nachspiel hat, liefen bis zum Morgen die Telefondrähte über den großen Teich heiß. Zu brenzlig war dem Comitee Düsseldorfer Carneval (CC) der Bush-Wagen - und ließ ihn sich juristisch absegnen. Tilly pappte dem Präsidenten eine Pinocchio-Nase ins Gesicht, pinselte provokant "Präsident der Vereinigten Lügen" drauf. "Herrlich", strahlte der gut gelaunte Künstler, Leiter rauf und zum x-ten Mal abgedrückt. "Helau", das Volk brüllt vor Vergnügen und der Meister kommt sich ein bisschen vor "wie ein guter Koch, der sieht zum Schluss auch nichts mehr von seinem Werk." Zum Narr noch eins, was bleibt, sind die Bilder...