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Götter zum Schmunzeln

Rheinische Post, 14.8.2001, von Philipp Holstein

Künstler Jacques Tilly gibt Schalker Jahrhundert-Elf ein Gesicht

Eröffnungsparty des neuen Gelsenkirchener Fußball-Tempels "Arena Auf Schalke": Euphorisch bejubelt laufen die Helden der blau-weißen Fußball-Geschichte ins 358 Millionen Mark teure Stadion ein. Mit dabei sind Stan Libuda, Olaf Thon, Ernst Kuzorra oder Ingo Anderbrügge. Traumvorstellung? Nee, Wirklichkeit - der Düsseldorfer Wagenbaukünstler Jacques Tilly macht's möglich: Er baute die Schalker Jahrhundert-Elf - von Fans zuvor ausgewählt - als drei Meter hohe Köpfe zum Tragen.

Tilly ist bekannt für seine Großskulpturen. Er baut seit Jahren Prinzenwagen für den Karneval, beliefert die Messe oder entwirft Bühnendekorationen für Konzerte etwa der Rolling Stones. Jetzt also die Schalker Eröffnungsfeier: "Ich habe mich zunächst mal eingehend informiert über die Spieler", erzählt der 38-Jährige. Nicht nur das Aussehen war wichtig, sondern auch Eigenarten und markante Bewegungen. Die Fans sollten ihre Jahrhundert-Spieler direkt wieder erkennen.

Und weil die Schalker bei der pompösen Eröffnungsfeier ihrer neuen Arena auch was zu Schmunzeln haben sollten, karikierte Tilly die Helden in seinem Atelier - "allerdings nur leicht, Fußballgötter veräppelt man schließlich nicht."

Stichwort Eigenheiten: Fritz Szepan etwa, Spieler-Legende der 30er Jahre, hat Tilly ein bisschen blasser aussehen lassen als seine jungen, besser verdienenden Kollegen. Die Skulptur hat was von einem Stummfilm-Star. Spiegelbild der harten Zeiten: Schalke-Fußballer hatten damals noch Zechen-Erfahrung. Dass Tilly richtig lag mit seiner Darstellung der Königsblauen, wusste er spätestens als Bauarbeiter in der Nähe seines Ateliers zu tun hatten, und bei der Gelegenheit einen Blick auf die Köpfe warfen. "Dat isser, der Klaus", hätte einer zu Tillys Klaus-Fichtel-Skulptur gesagt.

Nachdem Tilly für jeden Spieler eine Bauzeichnung erstellt hatte, bastelte er den Gesichtsumriss aus Holz und Maschendraht. Außen wurden die Köpfe mit Stoff kaschiert und bemalt, innen befestigte er Schultergurte. Damit man sie ins Stadion tragen kann, durften die Skulpturen nur etwa 30 Kilo wiegen. Bei den komplizierten Haltevorrichtungen half Vater Thomas Tilly - von Beruf Ingenieur - mit Know-how aus.

Einen Monat lang haben Tilly und seine Mitarbeiterin Billi Bastelle für die elf Köpfe gebraucht, "jeden Tag 14 Stunden Arbeit", sagt er. Unklar ist, was mit dem Werk nach der Eröffnungsfeier passiert: "Vielleicht kommen sie ins Arena-Museum, vielleicht werden sie auch versteigert."

Ein Düsseldorfer Künstler holt für die Eröffnung des Mega-Stadions Schalker Fußballgötter vom Olymp: Wird man da mit Blick auf die Fortuna nicht wehmütig?" "Ach", antwortet Tilly, "eigentlich interessiere ich mich gar nicht so sehr für Fußball."

Bildtext: Fußballgötter - nicht auf dem Olymp, sondern im Atelier: Künstler Jacques Tilly vor den Köpfen, die er für die Eröffnungsfeier der "Arena Auf Schalke" schuf. Sein Lieblingskopf ist übrigens der von Rolf Rüssmann.

Bildtext: Umriss aus Maschendraht und Holz: Die Köpfe sind nicht schwerer als 30 Kilo. Eine Person kann sie mit Schultergurten alleine tragen.