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"Schande für Düsseldorf"

Kölnische Rundschau, 11.2.2005, von Stefan Volberg

Eine Frau auf dem Scheiterhaufen mit dem Geständnis "Ich habe abgetrieben", und davor der Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meisner, wie er dabei ist, den Scheiterhaufen anzuzünden: Dieser Wagen fuhr im Düsseldorfer Rosenmontagszug mit - und erhitzte die Gemüter. Eine "große Geschmacklosigkeit" und "diffamierend" nannte Heike Miosczka, Diözesanvorsitzende des Familienbundes der Katholiken, die Darstellung von Wagenbauer Jacques Tilly. Sie beleidige Kardinal Meisner persönlich und die katholische Kirche insgesamt.

Hannelore Bartscherer, Vorsitzende des Kölner Katholikenausschusses, findet die Darstellung geschmacklos und hält das Thema, "weil es viel zu kompliziert und differenziert ist", für ungeeignet für einen Wagen im Zoch. "Ich habe auch den Eindruck, dass es hier weniger um die Abtreibungsfrage geht, sondern darum, einen zündelnden Kardinal generell zu zeigen. Den Kardinal zu persiflieren, ist völlig in Ordnung. Aber das geht viel besser; hier ist es misslungen."

Die Düsseldorfer "Rheinische Post" erhielt dazu etliche Leserbriefe. Tillys Unterstützer sind klar in der Minderheit ("Wer dem Karneval einen Maulkorb anlegen will, kann ihn auch gleich ganz verbieten" oder "Das ist eine karnevalistisch-deftige, knallharte Antwort auf Kardinal Meisners penetrantes Leugnen des quälenden Konfliktes, den eine Frau lösen muss, wenn sie ungewollt schwanger geworden ist").

Die meisten Leser sind gegen den Wagen. Das "widerrechtliche tausendfache Töten von Kindern und die unseligen Hexenverbrennungen vergangener Tage" seien "kein Thema, um auf die Schippe genommen zu werden", heißt es in einer Zuschrift. Der Wagen mit Meisner als Inquisitor sei "eine Schande für Düsseldorf", meinen andere Leser. Ein "böses Zündeln" könne man real bei Wagenbauer Tilly feststellen.

"Auch Abtreibung ist und bleibt Mord eines lebenden Menschen. Das muss gesagt werden dürfen - aber so nicht!" Der Wagen beabsichtige "eine gezielte Diffamierung des Kardinals", die Darstellung rücke in die Nähe der Diskriminierungskampagnen in totalitären Regimen. Wenn Meisner "uns alle an die inzwischen tabuisierte Tragödie der Ungeborenen in unserem Land erinnert, erfüllt er damit nur seine Gewissenspflicht als Oberhirte".