Pressespiegel2007Rosenmontag 2007

Den Jecken sei Dank: Ganz Deutschland redet über Düsseldorf

Westdeutsche Zeitung, 21.2.2007, von René Schleucher

PRESSESCHAU: Der Karneval in der Landeshauptstadt kann sich bundesweit profilieren - vor allem durch die Mottowagen.

Wagenbauer Jacques Tilly hat es möglich gemacht: Dank seiner Mottowagen war der Düsseldorfer Karneval gestern in den Zeitungen bundesweit präsent. Mehrere Blätter hoben seine Motive großformatig auf die erste Seite, so zeigte die Braunschweiger Zeitung die Lust-Reisen des Peter Hartz, der Berliner Tagesspiegel brachte in einem großen Teil der Auflage das Kurnaz-Motiv und die Essener WAZ brachte "Die Achsel des Bösen" groß raus. Auch die jeckenfernen Zeitungen, die den Karneval erst auf hinteren Seiten aufbereiteten, brachten viele Bilder vom Zoch. Hoch im Kurs: Die Hitler-Figur, der die NPD als Nachgeburt aus dem Hintern quillt (Neue Osnabrücker Zeitung, Hamburger Abendblatt), "Die Achsel des Bösen" (Saarbrücker Zeitung, Frankfurter Rundschau) und der umstrittene Mullah-Wagen (Bremer Nachrichten, Berliner Tagesspiegel).

Sogar die Kölner Zeitungen kamen um Tilly nicht herum. Der Kölner Stadt-Anzeiger brachte den Mullah-Wagen im politischen Teil, ebenso die Kölnische Rundschau, die zusätzlich auch noch die Hitler-Figur zeigte.

Die Kommentare:
Von "tröstlich" bis "widerlich"

Die Düsseldorfer waren bissiger als die Kölner - das ist der Tenor der meisten Berichte. Freilich gab es auch unterschiedliche Bewertungen. So schreibt der Berliner Kurier über den Hitler-Wagen: "Ekelhaft diese NPD! Ekelhaft auch diese Figur! (...) Im Karneval scheint wirklich alles erlaubt zu sein. Widerlich war es trotzdem." Die Welt bezeichnet den Hitler-Wagen als "Tabu-Bruch", die Süddeutsche Zeitung als "brisant" und die taz schreibt: "Dargestellt wird ein Pappmaché-Hitler mit heruntergelassenen Hosen, der Exkremente mit der Aufschrift 'NPD' ausscheidet. Ob da wohl wer wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen ermitteln wird?" Freundlicher der Kommentar in der Essener WAZ über den Mullah-Wagen: "Über Humor und Geschmack lässt sich trefflich streiten. Interessant ist aber erst mal: Der Karikaturenstreit hat den Karnevalisten offenbar nicht klein kriegen können, was tröstlich ist."

Der Bonner General-Anzeiger hingegen bilanzierte in der Unter-Schlagzeile: "Rosenmontagszüge am Rhein: fröhlich in Köln, geschmacklos in Düsseldorf." Im Text heißt es: "Der Düsseldorfer Rosenmontagszug strapazierte die Grenzen des guten Geschmacks." Und die Stuttgarter Zeitung titelt: "Karneval an der Geschmacksgrenze: Hitler stiehlt beim Düsseldorfer Umzug allen die Schau." Und auch der Kölner Stadt-Anzeiger konnte sich einen hämischen Kommentar nicht verkneifen: "Tja - und wenn nun wieder ein paar missmutige Menschen behaupten, der Düsseldorfer Zug sei eben doch bissiger, dann sagen wir: Stimmt. Kamelle lutscht man genüsslich - und zerkaut sie nicht."

Bildtext
Der Düsseldorfer Zoch bestimmte die Jecken Schlagzeilen. Foto: Bernd Nanninga