KarnevalswagenBildband "Jacques Tillys Narrenfreiheit"Bildband Narrenfreiheit

Auf ihn lauert Köln

Düsseldorfer Anzeiger, 10.1.2007, von Yvonne Hofer

Jacques Tilly

Ein Stück Düsseldorfer Karnevalsgeschichte

Unvorstellbar, aber wahr. Sogar der Kölner Stadtanzeiger ist voll des Lobes für die Düsseldorfer Rosenmontagswagen. Das geht in der Landeshauptstadt runter wie Öl.

Schuld am Lob der Domstätter ist Jacques Tilly. Der Bildhauer und Kommunikationsdesigner zeichnet für die oft bitterbösen, satirischen, politischen und manchmal auch skandalträchtigen Karnevalswagen verantwortlich. Sein Schelmentum kann der 43-Jährige nicht verleugnen. Einen spitzbübischen Zug bekommt sein Gesicht immer dann, wenn sich eine seiner Augenbrauen selbstständig macht. Eine fröhliche und sympathische Ausstrahlung hat der Mann, dessen Wagen-Entwurf von drei Narren am Kreuz 1995 "Existenz bedrohend für den Düsseldorfer Karneval" wurde. Anlass war der Streit in Bayern, ob Kruzifixe in den Klassenzimmern hängen dürfen. Die Volksseele kochte hoch. "Da ging es richtig zur Sache", erinnert sich Tilly. Der beugt sich zwar damals den Vorgaben des Comitee Düsseldorfer Carneval (CC) und baut den Wagen nicht zu Ende. Dennoch: Als er - unterstützt von Zugleiter Hermann Schmitz - am Rosenmontag 1995 einen Wagen mitfahren lässt, auf dem verhüllte Gestalten, die irgendwie an die Kreuzform erinnern mit einem "Ersatzlos gestrichen-Schild" ins jecke Rennen schickt, weiß in Düsseldorf jeder, was da nicht zu sehen ist. "Ich habe das alte Christo-Motto aufgegriffen: verhüllen um zu enthüllen." Das CC wird schließlich die Konsequenz ziehen: Tillys Entwürfe unterliegen heute strengster Geheimhaltung.

Nur ein ganz kleiner Kreis im CC trifft am Ende die Entscheidung, welche seiner Entwürfe umgesetzt werden. Vor allem die Unterstützung von CC-Geschäftsführer Jürgen Rieck und Zugleiter Hermann Schmitz sorgt dafür, dass Düsseldorf satirisch die Nase vorn hat. "Ich kriege richtig Rückenwind", sagt Tilly. "Seit sechs Jahren kann man Wagen machen, die an die Grenzen gehen." Wie etwa 2005: Der Kölner Kardinal Meisner ist als zündelnder Inquisitor zu sehen, der eine Frau, die abgetrieben hat, verbrennen will. Tillys Motto fürs Motiv: "Traditionspflege". In Köln gar nicht vorstellbar. Jacques Tilly hat längst ein Stück Düsseldorfer Karnevals-Geschichte geschrieben. Jetzt ist im Klartext-Verlag das Buch "Jacques Tillys Narrenfreiheit - Provokation und Phantasie im Düsseldorfer Rosenmontagszug" erschienen. Mit Texten von Udo Achten wird hier eine närrische Zeitreise von 1994 bis heute präsentiert. Kräftige Unterstützung fürs Buch gab es unter anderem von der Volksbank Düsseldorf Neuss eG. Übrigens: Die Rosenmontagszug-Macher aus der Domstadt schielen längst nicht mehr nur mit Neid auf die Düsseldorfer Motive, sondern haben schon Kontakt zu Tilly aufgenommen. Möglich, dass da bald mal ein unmoralisches Angebot kommt...

Zur Person

Jacques Tilly

geboren 1963, Bildhauer und Kommunikationsdesigner

seit 1984 Mitarbeit als Wagenbaukünstler am Düsseldorfer Rosenmontagszug

Das Buch: "Jacques Tillys Narrenfreiheit" von Udo Achten, Klartext-Verlag, 186 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Festeinband/Halbleinen, 15,95 Euro